Mein Ex-Rad, einst im Mai

Eines Sonntags fragte ein Nachbar, ob wir nicht den Fluss runterradeln und Boule spielen wollen. Er nahm seine Kugeln und ich meine, er nahm sein neues Fahrrad und ich ging zu meinem alten Erbstück, das seit Jahren mit Platten im Keller steht. Was sich auch an diesem Sonntag nicht ändern ließ.

Als wir schon loslaufen wollten, sah ich da unten ein Rad von jemandem stehen, der nicht mehr im Haus wohnt. Wir klingelten bei der Dame, bei der er gewohnt hatte, niemand da. Dann pumpten wir die Reifen auf, zogen ein paar Schrauben fest und voilá, der Ausflug konnte beginnen. Schön war’s.

Falls sie das Rad loswerden wolle, schrieb ich am Abend auf einen Zettel an der Tür der Dame, ich würd’s ihr abkaufen. Das könne ich geschenkt haben, klebte am nächsten Morgen an meiner Tür. Und am übernächsten Morgen bin ich schon damit zur Arbeit gefahren. Zum ersten Mal seit vier Jahren. Sehr schön war’s.

Vor vier Jahren hatte ich mein Rad an irgendeinem S-Bahn-Ausgang rund um den Bahnhof abgestellt. An welchem, wusste ich nicht mehr, weil dann waren Sachen passiert, die das Leben auf Schritttempo brachten, weswegen mir das Rad über Nacht egal wurde. Als mir zwei Wochen später wieder einfiel, wo es stand, war es weg. Mir war’s recht, it could be worse.

Und nun das. Ein olles Ding mit leichtem Hipsterflair, bei dem die Reifen porös und das Hinterrad etwas bockig waren. Theoretisch hatte es wohl acht Gänge, praktisch konnte ich nur in einem fahren. Schön langsam. So gondelte ich am Fluss entlang, über die Brücke, durch die Parks, immer ganz rechts am Radweg, damit alle vorbei konnten. Wunderbar war’s.

Gestern hatte ich mich mit Freunden vorm Freibad verabredet, Einladung zum Picknick im Park nebendran. Weil mir die Kiste mit dem Essen zu schwer war, packte ich sie auf den Gepäckträger meines neuen alten Rads und rollerte damit die Straße runter zum Bad. Die Freunde packten die Kiste, ich parkte das Rad zwischen hundert anderen.

Als wir zwei Stunden später zurückkamen, waren die alle weg und mein Rad auch. Keine Spur. Auch nicht drumherum, am Fluss, bei den Kiosken, an der Eisdiele. Ich ging nach Hause, wo der Nachbar vor der Tür saß, mit dem ich das Rad entdeckt hatte. Er sagte „Ja schad, weil schön war’s schon“ und „Vergiss es“. Hab ich dann auch schnell. Das Fahrradfahren aber nicht. Drum hol ich mir jetzt ein neues Rad. Diesmal für Geld und ohne Geschichten.

(Obwohl, da fällt mir ein, dass ich damals mein altes Rad noch einmal wieder gesehen habe. Ich ging gerade durch die Stadt und erzählte einem Kollegen, warum ich nicht mehr radfahre, da stand es an einer U-Bahn-Haltestelle. Mit einem Achter vorne drin. Ich nahm’s auf die Schulter und brachte es zur Werkstatt. Die meinte, der Rahmen sei verzogen und die Reparatur würde 400 Euro kosten. Ich nahm das Rad wieder auf die Schulter und stellte es an einen Laternenpfahl. Am nächsten Morgen war es wieder weg.)

2 Replies to “Eine Fahrradromanze”

  1. Fahrradklau ist immer sehr schmerzhaft, finde ich (auch wenn mir das zum Glück nur einmal passiert ist, da war ich 18 und kam vom nächtlichen Kneipenbedienen an ein wegges Radl). Ich hoffe, du findest bald ein schönes neues.

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